Leseprobe: Kontinent im Feuermeer
Im Inneren des geheimnisvollen Metallkörpers
Fahrt mit der Kugelbahn
Angriff auf die Bahn
Matthias‘ knock-out
Matthias kniet auf der heißen, metallischen Oberfläche des großen Objekts in der Nähe des Erdmittelpunktes. Seine Augen wandern durch die transparente Energieröhre hindurch in das rot bis weißgelb glühende Magma. Die gewaltigen, glutflüssigen Magmaströme toben gegen das Hindernis an, welches sich ihnen so plötzlich in den Weg gestellt hat. Die Oberfläche, auf der sie stehen, verschwindet nach circa 10 Metern in der brodelnden Suppe. Neben ihm hockt Metel, der versucht, den Verstärkerkasten anzubringen. Er rutscht hin und her.
„Alles andere als eisenhaltig, die Magnete halten nicht“, ruft er Matthias zu. „Ich versuche es jetzt mit den Bohrern. Er drückt auf einen Knopf und in dem Kasten fängt es an zu summen. An der Unterseite fahren die Bohrer heraus. Metel drückt mit seinem ganzen Gewicht auf den kleinen Kasten. Er hebt ihn kurz hoch und stellt befriedigt fest, dass die Diamantbohrer tatsächlich in die Oberfläche des Materials eingedrungen sind. Er stellt erneut die Bohrer an und drückt mit einem Fuß den Kasten auf das matt schimmernde dunkle Material unter ihnen. „Immer noch ganz schön heiß hier. Die Schutzanzüge haben ordentlich zu tun, was, Matthias?“
Matthias drängt ihn zur Eile. Er sieht auf seine große Uhr. „Der Countdown läuft, Metel. Nur noch fünf Minuten. Es wird knapp.“ Matthias‘ Körper beginnt sich aufzublähen und transparent zu werden. Dann entsteht eine Kette, so fein, dass sie kaum noch wahrzunehmen ist. Sie entfernt sich von seinem Körper und geht auf der Oberfläche des Objektes nieder. Der vorher lokalisierte schmale Spalt, der nach wie vor mit bloßem Auge nicht erkennbar ist, wird von der Spitze der feinen Kette gefunden. Die Körperatome samt Schutzanzug verschwinden in der Oberfläche. Für sie ist der Spalt so groß, wie für den normalen Menschen der Grand Canon. Der Körper von Matthias löst sich vom Kopf her in Windeseile auf. Es entsteht wieder das Bild, als wickele sich ein Strickpullover durch das Ziehen an dem zu ihm gehörenden Faden ab.
Metel hat den Behälter befestigt und sieht gerade noch, wie die letzten Atome von Matthias verschwinden. Er schaut in der Röhre nach oben. Es ist schon ein gewaltiges Bild, das er da vor Augen hat. Viel hat er in seinem früheren Kristallleben schon gesehen, aber das, was er im Augenblick erlebt, hat schon was. Doch was ist das? Er bemerkt, dass die Röhre instabil wird. Er schaut auf die Uhr. Verdammt noch mal, die Zeit ist abgelaufen. Er hat sich zu lange mit dem Kasten befasst. Was nun? Reicht die Zeit noch aus, Matthias zu folgen, oder soll er das Risiko eingehen sich nach oben zu teleportieren? Er entscheidet sich dafür, in das Innere des riesigen Objekts zu gelangen. Ein kurzer Blick nach oben zeigt ihm, die Röhre stürzt in sich zusammen. Glühendes Magma, in dem größere Brocken schwimmen, stürzen in dem entstehenden leeren Raum nach unten. Entsetzlich gefährlich und doch schön, geht es ihm durch den Kopf.
Metels Körper löst sich auf. Seine letzten Gedanken sagen ihm, wenn das schiefgehen sollte, dann schwimmen seine Atome im Erdinnern herum. Der Kristall in ihm kann nicht mehr allein überleben. Das ist der Preis des Körpers, den er nun besitzt. Nicht den Sekundenbruchteil eines Bedauerns durchfährt ihn. Im Gegenteil, er ist richtig glücklich. Das letzte Atom verschwindet im Grand Canon für Kleine, da platscht mit unglaublicher Heftigkeit das Magma auf die metallische Oberfläche des mysteriösen Körpers nieder. Der kleine Verstärkerkasten hält dem Ansturm aber stand. Er rührt und regt sich nicht. Der unglaubliche Druck scheint der Hülle des kleinen Kastens ebenfalls nichts anhaben zu können.
Seine Atome setzen sich, nach der Reise durch die Platte, vierhundert Meter weiter unterhalb zusammen. Matthias liegt auf einem schmalen Träger, der sich unmittelbar unter der Decke befindet. Es ist nicht viel Platz zwischen Träger und Decke vorhanden. Metel liegt mit noch halbem Körper ebenfalls auf einem Träger, der sich neben dem von Matthias befindet. Es dauert nicht lange und Metel hat seine letzten Atome zu sich geholt. Tief durchatmend bleibt er liegen. Er schildert Matthias, was passiert ist. Der bekommt nachträglich noch einen gehörigen Schrecken und atmet tief durch.
Sie blicken nach unten. Der riesige Raum ist mit einer Art Notlicht beleuchtet. Vereinzelt sind in den Wänden und an den Streben Lampen angebracht. Ziemlich gut wahrzunehmen ist der riesige Parabolspiegel, den sie schon gesehen hatten, als er und Tausende andere aus dem Ding, in welchem sie sich im Augenblick befinden, herauskamen und ihre unangenehme Arbeit verrichteten.
„Wir müssen da runter und uns einen Weg suchen. Ich denke, dass wir nur springen, wenn uns keine andere Möglichkeit bleibt. Wir sollten nach Möglichkeit Schockwellen vermeiden, bis wir etwas mehr über dieses Ding im Feuermeer wissen. Was meinst du?“ Fragend blickt Metel Matthias an.
„Ich sehe es genauso, wir müssen erkunden, was hier los ist. Es wird aber ein langer Weg sein. Wir sollten uns in der Nähe der Wand halten, denn der Parabolspiegel füllt weiter unten den ganzen Raum aus. Sieh mal Metel, dort drüben gibt es eine Treppe.“ Matthias zeigt auf einen breiten Durchgang. Es sind einige Stufen erkennbar.
„Tatsächlich, wenn es hier eine Treppe gibt, dann muss es auch Wesen geben, die sie nutzen“, stellt Metel fest.
„Ehe wir gehen, müssen wir testen, ob es möglich ist, eine Verbindung zu unseren Leuten über den kleinen Verstärker aufzubauen. Danach würde ich gerne überprüfen, ob die Zusammensetzung der hier zweifelsohne vorhandenen Atmosphäre für uns geeignet ist. Wenn nicht, dann müssen wir spätestens in zehn Tagen von hier verschwinden. Denn nur so lange reichen unsere Sauerstoffvorräte. Letztendlich müssen wir noch klären, ob wir ohne Schutzschirme hier überleben können.“
Matthias schlägt Metel auf die Schulter. „Übernimmst du das mit der Verbindung nach oben? Ich werde die Analyse unserer neuen Umgebung vornehmen.“
„Einverstanden.“
Metel nimmt aus einer seiner größeren Taschen einen schmalen, dreißig Zentimeter langen und gut fünf Zentimeter breiten Gegenstand heraus, den er mit einem Griff auffächert. Es ist ein kleiner Parabolspiegel, der auf einem kleinen Kasten sitzt und der die Signale, die sie mittels ihrer Funkgeräte senden wollen, verarbeitet und durch die dicke Platte an den sich draußen befindlichen Verstärker weiterleiten wird; wenn es denn, wie gedacht, funktioniert. Nachdem Metel die kleine Relaisstation an einer der Streben angebracht hat, gehen er und Matthias auf den Trägern weiter, bis sie eine Abstiegsmöglichkeit gefunden haben. Matthias zeigt grinsend auf eine schräg angebrachte, zwanzig Zentimeter breite Strebe.
In der Haltung von Snowboardfahrern, rutschen sie einen Augenblick später auf der glatten Oberfläche rasant nach unten. Metel hat die Fähigkeiten des Skifahrens von Matthias geerbt. Aus diesem Grunde fegen beide mit einer leidlich guten Körperhaltung nach unten. Sogar das Ende der rasanten Fahrt sieht noch ganz passabel aus. Die Strebe endet im darunter liegenden Boden, der Gott sei Dank ebenfalls glatt poliert ist, sodass sie einen langen Auslauf haben.
Mit blitzenden Augen, ein Lachen im Gesicht, sagt Metel: „Da erinnere ich mich doch an etwas, was schon einige Zeit her ist. Gletscher und so weiter. Da war damals ein junger Hasardeur unterwegs. Und ich armer Kristall in ihm drin.“
„War schön, was, Bruder?“ Matthias‘ Augen strahlen. Er aktiviert ein mit Sensoren bestücktes Gerät.
Gleichzeitig versucht Metel, eine Funkverbindung nach oben herzustellen. Nach ca. zehn Minuten erhellt sich sein Gesicht. Er hat es tatsächlich geschafft. Sie befinden sich jetzt genau 42 Minuten und 12 Sekunden in dem Objekt. Ihre Freunde müssen zufrieden sein, dass sie ein Lebenszeichen von ihnen so schnell erhalten haben. Mit ihrer Meldung haben sie eine Sorge weniger. Der erste Schritt ist ihnen also gelungen.
Als recht merkwürdig empfinden sie jedoch, dass sich Gela darüber aufregt, dass sie so lange gebraucht haben, um die Verbindung herzustellen. Er fragt, und es klingt ironisch: „Habt ihr die Abende an der Bar gesessen und euch zugeschüttet?“
Das Gespräch zwischen Gela und Metel wird jedoch von so vielen Störgeräuschen überlagert, dass sie sich auch verhört haben können. Sie sehen sich an und wissen, dass sie schon richtig verstanden haben. Das Gespräch kann jedoch nicht weitergeführt werden, da die Störgeräusche überhandnehmen. Metel verspricht, dass sie sich so schnell wie möglich wieder melden werden. Ob das allerdings bei Gela angekommen ist, können sie nicht mehr feststellen.
Sie sind auf die Verbindung mit dem Funkgerät angewiesen, da die Verständigung über Gedankenaustausch, wie erwartet, nicht funktioniert. Gedankenimpulse werden von der dicken Hülle des riesigen Behälters verschluckt. Sie haben es versucht. Es ist aussichtslos.
„Merkwürdiger Humor, was, Matthias? Bin ich gar nicht von Gela gewöhnt. Von wegen an der Bar gesessen. Wie kommt der nur darauf? Ach was, wir haben genug zu tun. Legen wir das erst einmal ad acta.“
Den Störgeräuschen schieben sie auch zu, dass sich die Stimmen von Gela und Walter sehr hoch und quäkend anhörten.
Matthias blickt von dem kleinen Messgerät hoch, welches er in seiner linken Hand hält. „Die Luft ist atembar. Weiterhin kann ich vermelden, dass in diesem Bereich eine Temperatur von fünfunddreißig Grad Celsius zu verzeichnen ist. Giftstoffe sind in der Atmosphäre nicht aufzuspüren. Ich glaube, wir können es wagen. Wer als Erster? Komm, Metel, wir knobeln, du „Gerade“, ich „Ungerade“, einverstanden?“ Metel stimmt zu.
Beide stellen sich voreinander hin und bewegen unter lautem Zählen: eins, zwei, drei, die geballten Fäuste nach unten und wieder nach oben. Bei drei öffnen sie einen Teil der Faust. Es wird gezählt.
„Acht – Gerade“, ruft Matthias, „du hast gewonnen. Ich schalte jetzt die Sauerstoffversorgung aus. Nun nehme ich den Schirm weg.“ Ihre Blicke treffen sich und Matthias sagt: „Siehst du, noch lebe ich.“
„Gut, Matthias, ich werde aus Sicherheitsgründen noch dreißig Minuten bei mir alles so belassen. Wenn dann mit dir hoffentlich noch alles in Ordnung ist, werde ich ebenfalls diese Luft atmen. Ich denke, die Zeitspanne müsste ausreichend bemessen sein.“
Matthias Gesicht zeigt einige Sorgenfalten. „Metel, obwohl wir beide uns freuen können, dass hier eine Atmosphäre herrscht, die wir atmen können, frage ich mich, warum das so ist. Erwarten konnten wir das doch wirklich nicht. Wie bewertest du das?“
„Immerhin denke ich, dass wir uns inmitten der Erde befinden und nicht auf oder in einem Planeten in irgendeinem Universum. Für mich ist es nicht so furchtbar abwegig, dass hier unten eine Atmosphäre vorhanden ist, die wir atmen können. Auch wenn, und das gebe ich gerne zu, wir es nicht unbedingt erwarten durften. Deswegen haben wir uns ja auch entsprechend vorbereitet.“
„Einverstanden, Metel. Nehmen wir es erst einmal so hin. Ob wir das Rätsel lösen werden, weiß ich nicht, aber wir werden uns anstrengen.“
„So machen wir es.“ Metel dreht sich um und zeigt auf die Treppe. „Sogar die Stufen entsprechen in etwa unseren Größenverhältnissen. Auch die Lichterzeugung scheint keine weiteren Rätsel aufzugeben. Lampen fast wie bei uns zu Hause.“ Er blickt Matthias an: „Wollen wir?“
„Wir wollen“, kommt es zurück.
Mit raumgreifenden Schritten gehen sie auf die Treppe zu. Als sie hinunterschauen, überkommt sie der Eindruck, als reiche sie bis in die Unendlichkeit. Metel beginnt die ersten Stufen zu nehmen. Stufe für Stufe dringen sie tiefer in die unbekannte Welt vor.
„Wie viele Meter sind wir abgestiegen?“
Matthias schaut auf sein Messgerät, welches er immer noch in der linken Hand hält. „Zweihundert Meter. Es wird nicht mehr lange dauern, dann werden wir, so schätze ich, das Ende dieser riesigen Kammer erreichen.“
Metel schaut ihn fragend an: „Woher weißt du das?“
„Ganz einfach, mein Bruder“, lächelt Matthias spitzbübisch, „wir haben den untersten Teil des flach liegenden Parabolspiegels erreicht. Jetzt dürften nur noch die Halterungen kommen und dann natürlich der Boden, auf dem das ganze Gebilde steht und verankert ist.“
Es ist so wie Matthias vorausgesagt hat; sie haben das Ende der Treppe erreicht.
„Abstieg: 250 Meter, Zeit: 25 Minuten“, meldet Matthias.
„Weißt du, Matthias, mir ist aufgefallen, dass nirgends eine Sicherheitsvorkehrung gegen das Eindringen von ungebetenen Gästen vorhanden ist. Alle meine Überprüfungen verliefen negativ.“
Matthias nickt: „Du hast recht, Metel, ich bestätige das. Ich habe ebenfalls nichts feststellen können. Wundere mich aber nicht so sehr darüber. Denn wenn du dir durch deinen bildschönen Kopf gehen lässt, der übrigens von mir abstammt, wo wir uns befinden, erledigt sich jede Frage nach Absicherung von allein. Das Magma ist für jedes normale Lebewesen nicht überbrückbar. Abgesehen davon, dass unsere Erdbewohner die Insel hier überhaupt nicht entdecken können und selbst wenn, können sie nicht mit einem Ruderboot hierher kommen. Also, warum sollten hier besondere Vorsichtsmaßnahmen ergriffen werden?“
Metel geht auf den scherzhaften Ton von Matthias ein: „Deine Ausführungen decken sich mit meinen Überlegungen, die ich in meinem bildschönen Kopf, der übrigens von dir stammt, ausgebrütet habe. Vielen Dank auch, dass du mich daran erinnerst. Ich bin so schön, dass man es kaum noch aushalten kann. Du und ich zusammen brechen jeden Schönheitsrekord. Nur wer geschminkt ist, kann uns noch übertreffen.“
„Alles andere als eisenhaltig, die Magnete halten nicht“, ruft er Matthias zu. „Ich versuche es jetzt mit den Bohrern. Er drückt auf einen Knopf und in dem Kasten fängt es an zu summen. An der Unterseite fahren die Bohrer heraus. Metel drückt mit seinem ganzen Gewicht auf den kleinen Kasten. Er hebt ihn kurz hoch und stellt befriedigt fest, dass die Diamantbohrer tatsächlich in die Oberfläche des Materials eingedrungen sind. Er stellt erneut die Bohrer an und drückt mit einem Fuß den Kasten auf das matt schimmernde dunkle Material unter ihnen. „Immer noch ganz schön heiß hier. Die Schutzanzüge haben ordentlich zu tun, was, Matthias?“
Matthias drängt ihn zur Eile. Er sieht auf seine große Uhr. „Der Countdown läuft, Metel. Nur noch fünf Minuten. Es wird knapp.“ Matthias‘ Körper beginnt sich aufzublähen und transparent zu werden. Dann entsteht eine Kette, so fein, dass sie kaum noch wahrzunehmen ist. Sie entfernt sich von seinem Körper und geht auf der Oberfläche des Objektes nieder. Der vorher lokalisierte schmale Spalt, der nach wie vor mit bloßem Auge nicht erkennbar ist, wird von der Spitze der feinen Kette gefunden. Die Körperatome samt Schutzanzug verschwinden in der Oberfläche. Für sie ist der Spalt so groß, wie für den normalen Menschen der Grand Canon. Der Körper von Matthias löst sich vom Kopf her in Windeseile auf. Es entsteht wieder das Bild, als wickele sich ein Strickpullover durch das Ziehen an dem zu ihm gehörenden Faden ab.
Metel hat den Behälter befestigt und sieht gerade noch, wie die letzten Atome von Matthias verschwinden. Er schaut in der Röhre nach oben. Es ist schon ein gewaltiges Bild, das er da vor Augen hat. Viel hat er in seinem früheren Kristallleben schon gesehen, aber das, was er im Augenblick erlebt, hat schon was. Doch was ist das? Er bemerkt, dass die Röhre instabil wird. Er schaut auf die Uhr. Verdammt noch mal, die Zeit ist abgelaufen. Er hat sich zu lange mit dem Kasten befasst. Was nun? Reicht die Zeit noch aus, Matthias zu folgen, oder soll er das Risiko eingehen sich nach oben zu teleportieren? Er entscheidet sich dafür, in das Innere des riesigen Objekts zu gelangen. Ein kurzer Blick nach oben zeigt ihm, die Röhre stürzt in sich zusammen. Glühendes Magma, in dem größere Brocken schwimmen, stürzen in dem entstehenden leeren Raum nach unten. Entsetzlich gefährlich und doch schön, geht es ihm durch den Kopf.
Metels Körper löst sich auf. Seine letzten Gedanken sagen ihm, wenn das schiefgehen sollte, dann schwimmen seine Atome im Erdinnern herum. Der Kristall in ihm kann nicht mehr allein überleben. Das ist der Preis des Körpers, den er nun besitzt. Nicht den Sekundenbruchteil eines Bedauerns durchfährt ihn. Im Gegenteil, er ist richtig glücklich. Das letzte Atom verschwindet im Grand Canon für Kleine, da platscht mit unglaublicher Heftigkeit das Magma auf die metallische Oberfläche des mysteriösen Körpers nieder. Der kleine Verstärkerkasten hält dem Ansturm aber stand. Er rührt und regt sich nicht. Der unglaubliche Druck scheint der Hülle des kleinen Kastens ebenfalls nichts anhaben zu können.
Seine Atome setzen sich, nach der Reise durch die Platte, vierhundert Meter weiter unterhalb zusammen. Matthias liegt auf einem schmalen Träger, der sich unmittelbar unter der Decke befindet. Es ist nicht viel Platz zwischen Träger und Decke vorhanden. Metel liegt mit noch halbem Körper ebenfalls auf einem Träger, der sich neben dem von Matthias befindet. Es dauert nicht lange und Metel hat seine letzten Atome zu sich geholt. Tief durchatmend bleibt er liegen. Er schildert Matthias, was passiert ist. Der bekommt nachträglich noch einen gehörigen Schrecken und atmet tief durch.
Sie blicken nach unten. Der riesige Raum ist mit einer Art Notlicht beleuchtet. Vereinzelt sind in den Wänden und an den Streben Lampen angebracht. Ziemlich gut wahrzunehmen ist der riesige Parabolspiegel, den sie schon gesehen hatten, als er und Tausende andere aus dem Ding, in welchem sie sich im Augenblick befinden, herauskamen und ihre unangenehme Arbeit verrichteten.
„Wir müssen da runter und uns einen Weg suchen. Ich denke, dass wir nur springen, wenn uns keine andere Möglichkeit bleibt. Wir sollten nach Möglichkeit Schockwellen vermeiden, bis wir etwas mehr über dieses Ding im Feuermeer wissen. Was meinst du?“ Fragend blickt Metel Matthias an.
„Ich sehe es genauso, wir müssen erkunden, was hier los ist. Es wird aber ein langer Weg sein. Wir sollten uns in der Nähe der Wand halten, denn der Parabolspiegel füllt weiter unten den ganzen Raum aus. Sieh mal Metel, dort drüben gibt es eine Treppe.“ Matthias zeigt auf einen breiten Durchgang. Es sind einige Stufen erkennbar.
„Tatsächlich, wenn es hier eine Treppe gibt, dann muss es auch Wesen geben, die sie nutzen“, stellt Metel fest.
„Ehe wir gehen, müssen wir testen, ob es möglich ist, eine Verbindung zu unseren Leuten über den kleinen Verstärker aufzubauen. Danach würde ich gerne überprüfen, ob die Zusammensetzung der hier zweifelsohne vorhandenen Atmosphäre für uns geeignet ist. Wenn nicht, dann müssen wir spätestens in zehn Tagen von hier verschwinden. Denn nur so lange reichen unsere Sauerstoffvorräte. Letztendlich müssen wir noch klären, ob wir ohne Schutzschirme hier überleben können.“
Matthias schlägt Metel auf die Schulter. „Übernimmst du das mit der Verbindung nach oben? Ich werde die Analyse unserer neuen Umgebung vornehmen.“
„Einverstanden.“
Metel nimmt aus einer seiner größeren Taschen einen schmalen, dreißig Zentimeter langen und gut fünf Zentimeter breiten Gegenstand heraus, den er mit einem Griff auffächert. Es ist ein kleiner Parabolspiegel, der auf einem kleinen Kasten sitzt und der die Signale, die sie mittels ihrer Funkgeräte senden wollen, verarbeitet und durch die dicke Platte an den sich draußen befindlichen Verstärker weiterleiten wird; wenn es denn, wie gedacht, funktioniert. Nachdem Metel die kleine Relaisstation an einer der Streben angebracht hat, gehen er und Matthias auf den Trägern weiter, bis sie eine Abstiegsmöglichkeit gefunden haben. Matthias zeigt grinsend auf eine schräg angebrachte, zwanzig Zentimeter breite Strebe.
In der Haltung von Snowboardfahrern, rutschen sie einen Augenblick später auf der glatten Oberfläche rasant nach unten. Metel hat die Fähigkeiten des Skifahrens von Matthias geerbt. Aus diesem Grunde fegen beide mit einer leidlich guten Körperhaltung nach unten. Sogar das Ende der rasanten Fahrt sieht noch ganz passabel aus. Die Strebe endet im darunter liegenden Boden, der Gott sei Dank ebenfalls glatt poliert ist, sodass sie einen langen Auslauf haben.
Mit blitzenden Augen, ein Lachen im Gesicht, sagt Metel: „Da erinnere ich mich doch an etwas, was schon einige Zeit her ist. Gletscher und so weiter. Da war damals ein junger Hasardeur unterwegs. Und ich armer Kristall in ihm drin.“
„War schön, was, Bruder?“ Matthias‘ Augen strahlen. Er aktiviert ein mit Sensoren bestücktes Gerät.
Gleichzeitig versucht Metel, eine Funkverbindung nach oben herzustellen. Nach ca. zehn Minuten erhellt sich sein Gesicht. Er hat es tatsächlich geschafft. Sie befinden sich jetzt genau 42 Minuten und 12 Sekunden in dem Objekt. Ihre Freunde müssen zufrieden sein, dass sie ein Lebenszeichen von ihnen so schnell erhalten haben. Mit ihrer Meldung haben sie eine Sorge weniger. Der erste Schritt ist ihnen also gelungen.
Als recht merkwürdig empfinden sie jedoch, dass sich Gela darüber aufregt, dass sie so lange gebraucht haben, um die Verbindung herzustellen. Er fragt, und es klingt ironisch: „Habt ihr die Abende an der Bar gesessen und euch zugeschüttet?“
Das Gespräch zwischen Gela und Metel wird jedoch von so vielen Störgeräuschen überlagert, dass sie sich auch verhört haben können. Sie sehen sich an und wissen, dass sie schon richtig verstanden haben. Das Gespräch kann jedoch nicht weitergeführt werden, da die Störgeräusche überhandnehmen. Metel verspricht, dass sie sich so schnell wie möglich wieder melden werden. Ob das allerdings bei Gela angekommen ist, können sie nicht mehr feststellen.
Sie sind auf die Verbindung mit dem Funkgerät angewiesen, da die Verständigung über Gedankenaustausch, wie erwartet, nicht funktioniert. Gedankenimpulse werden von der dicken Hülle des riesigen Behälters verschluckt. Sie haben es versucht. Es ist aussichtslos.
„Merkwürdiger Humor, was, Matthias? Bin ich gar nicht von Gela gewöhnt. Von wegen an der Bar gesessen. Wie kommt der nur darauf? Ach was, wir haben genug zu tun. Legen wir das erst einmal ad acta.“
Den Störgeräuschen schieben sie auch zu, dass sich die Stimmen von Gela und Walter sehr hoch und quäkend anhörten.
Matthias blickt von dem kleinen Messgerät hoch, welches er in seiner linken Hand hält. „Die Luft ist atembar. Weiterhin kann ich vermelden, dass in diesem Bereich eine Temperatur von fünfunddreißig Grad Celsius zu verzeichnen ist. Giftstoffe sind in der Atmosphäre nicht aufzuspüren. Ich glaube, wir können es wagen. Wer als Erster? Komm, Metel, wir knobeln, du „Gerade“, ich „Ungerade“, einverstanden?“ Metel stimmt zu.
Beide stellen sich voreinander hin und bewegen unter lautem Zählen: eins, zwei, drei, die geballten Fäuste nach unten und wieder nach oben. Bei drei öffnen sie einen Teil der Faust. Es wird gezählt.
„Acht – Gerade“, ruft Matthias, „du hast gewonnen. Ich schalte jetzt die Sauerstoffversorgung aus. Nun nehme ich den Schirm weg.“ Ihre Blicke treffen sich und Matthias sagt: „Siehst du, noch lebe ich.“
„Gut, Matthias, ich werde aus Sicherheitsgründen noch dreißig Minuten bei mir alles so belassen. Wenn dann mit dir hoffentlich noch alles in Ordnung ist, werde ich ebenfalls diese Luft atmen. Ich denke, die Zeitspanne müsste ausreichend bemessen sein.“
Matthias Gesicht zeigt einige Sorgenfalten. „Metel, obwohl wir beide uns freuen können, dass hier eine Atmosphäre herrscht, die wir atmen können, frage ich mich, warum das so ist. Erwarten konnten wir das doch wirklich nicht. Wie bewertest du das?“
„Immerhin denke ich, dass wir uns inmitten der Erde befinden und nicht auf oder in einem Planeten in irgendeinem Universum. Für mich ist es nicht so furchtbar abwegig, dass hier unten eine Atmosphäre vorhanden ist, die wir atmen können. Auch wenn, und das gebe ich gerne zu, wir es nicht unbedingt erwarten durften. Deswegen haben wir uns ja auch entsprechend vorbereitet.“
„Einverstanden, Metel. Nehmen wir es erst einmal so hin. Ob wir das Rätsel lösen werden, weiß ich nicht, aber wir werden uns anstrengen.“
„So machen wir es.“ Metel dreht sich um und zeigt auf die Treppe. „Sogar die Stufen entsprechen in etwa unseren Größenverhältnissen. Auch die Lichterzeugung scheint keine weiteren Rätsel aufzugeben. Lampen fast wie bei uns zu Hause.“ Er blickt Matthias an: „Wollen wir?“
„Wir wollen“, kommt es zurück.
Mit raumgreifenden Schritten gehen sie auf die Treppe zu. Als sie hinunterschauen, überkommt sie der Eindruck, als reiche sie bis in die Unendlichkeit. Metel beginnt die ersten Stufen zu nehmen. Stufe für Stufe dringen sie tiefer in die unbekannte Welt vor.
„Wie viele Meter sind wir abgestiegen?“
Matthias schaut auf sein Messgerät, welches er immer noch in der linken Hand hält. „Zweihundert Meter. Es wird nicht mehr lange dauern, dann werden wir, so schätze ich, das Ende dieser riesigen Kammer erreichen.“
Metel schaut ihn fragend an: „Woher weißt du das?“
„Ganz einfach, mein Bruder“, lächelt Matthias spitzbübisch, „wir haben den untersten Teil des flach liegenden Parabolspiegels erreicht. Jetzt dürften nur noch die Halterungen kommen und dann natürlich der Boden, auf dem das ganze Gebilde steht und verankert ist.“
Es ist so wie Matthias vorausgesagt hat; sie haben das Ende der Treppe erreicht.
„Abstieg: 250 Meter, Zeit: 25 Minuten“, meldet Matthias.
„Weißt du, Matthias, mir ist aufgefallen, dass nirgends eine Sicherheitsvorkehrung gegen das Eindringen von ungebetenen Gästen vorhanden ist. Alle meine Überprüfungen verliefen negativ.“
Matthias nickt: „Du hast recht, Metel, ich bestätige das. Ich habe ebenfalls nichts feststellen können. Wundere mich aber nicht so sehr darüber. Denn wenn du dir durch deinen bildschönen Kopf gehen lässt, der übrigens von mir abstammt, wo wir uns befinden, erledigt sich jede Frage nach Absicherung von allein. Das Magma ist für jedes normale Lebewesen nicht überbrückbar. Abgesehen davon, dass unsere Erdbewohner die Insel hier überhaupt nicht entdecken können und selbst wenn, können sie nicht mit einem Ruderboot hierher kommen. Also, warum sollten hier besondere Vorsichtsmaßnahmen ergriffen werden?“
Metel geht auf den scherzhaften Ton von Matthias ein: „Deine Ausführungen decken sich mit meinen Überlegungen, die ich in meinem bildschönen Kopf, der übrigens von dir stammt, ausgebrütet habe. Vielen Dank auch, dass du mich daran erinnerst. Ich bin so schön, dass man es kaum noch aushalten kann. Du und ich zusammen brechen jeden Schönheitsrekord. Nur wer geschminkt ist, kann uns noch übertreffen.“
„Sag mal“, Matthias schaut Metel mit großen Augen an, „wie kommst du denn zu diesem, bestimmt hundert Jahre alten Spruch, „mit geschminkt“ kannst du einen Rentenanspruch begründen.“
„Das habe ich aus deinen Erinnerungen, die jetzt auch meine sind, wunderschöner Bruder. Hast du vielleicht vergessen, was alles passiert ist?“ Dann wird er aber wieder ernst: „Wir sollten hier nicht zu leichtsinnig sein.“
„Nein, wir wollen schon aufpassen, ansehnlicher, attraktiver und begehrenswerter Bruder“, lacht Matthias. „Wie fühlst du dich denn unter deinem Schutzschirm? Meinst du nicht, dass du auch mal die Luft hier probieren solltest?“
Metel grinst und schaltet seinen Schutzschirm aus sowie die Sauerstoffzufuhr ab. „Wie wollen wir weiter vorgehen?“ Fragend richtet sich sein Blick auf Matthias.
„Ich schlage vor, dass wir dort an der Wand weitergehen, bis wir eine Tür oder eine andere Öffnung gefunden haben. Von unserem jetzigen Standort aus befindet sich die westliche Außenwand 1.900, die östliche 1.300, die nördliche 3.000 und die südliche etwa 2.800 km entfernt. Also sollten wir annähernd die Mitte dieses Objektes getroffen haben. Nach unten sollte es von hier etwa sechs bis sieben Kilometer gehen. Da können wir lange laufen, wenn wir das alles zu Fuß abwandern wollen.“ Matthias lacht.
Metel meint: „Stimmt, springen können wir aufgrund der Dichte des Materials nicht. Außerdem wüssten wir gar nicht, wo wir rematerialisieren würden. Wir sollten uns weiter nach unten durchschlagen. Denn horizontal nehme ich an, werden wir auf lauter Parabolspiegelkammern stoßen. Wir haben das bereits von oben sehen können. Die ganze Oberfläche des Objektes war übersät mit diesen Antennen.“
Matthias stimmt zu und sagt: „Dann mal los. Sobald wir etwas Neues entdecken, setzen wir uns wieder mit unseren Leuten in Verbindung.“ Er geht, gefolgt von Metel, auf die sich links von der Treppe befindliche Wand zu. Mit seinen Händen berührt er sie und murmelt: „Es sieht so aus, als wäre überall das gleiche Material verbaut.“
Er dreht sich um und sieht Metel an: „Weißt du, wir sollten sehen, dass wir so schnell wie möglich diese Kammer verlassen. Wir haben zwar gesehen, dass eine Energieabsperrung aufgebaut wird, wenn die Antenne ausgefahren wird, aber wir können nicht abschätzen, was uns erwartet, wenn gesendet wird.“
„Absolut richtig. Nur müssen wir erst einmal so einen Durchgang oder Ausgang finden. Vielleicht gibt es gar keinen.“ Gedankenverloren streicht Metel mit seiner Hand an der Wand lang.
„Mal den Teufel nicht an die Wand“, knurrt Matthias.
Metel geht schnellen Schrittes weiter. Die Wand verliert sich weiter vorn im diffusen Licht der Lampen. Knapp 15 Minuten sind vergangen, da wird Metel langsamer, bleibt stehen und dreht sich um. Matthias, hinter ihm, bleibt ebenfalls stehen und blickt ihn fragend an. Metel sagt nichts, geht ein paar Schritte zurück. Langsam tastet er sich wieder vorwärts, und führt dabei seine Hand flächig an der Wand entlang. Sein Schritt wird noch langsamer. Urplötzlich ist seine Hand in der Wand verschwunden. Dort, wo sie verschwunden ist, hellt sich die Wandfläche bis zu einer Höhe von 2,50und einer Breite von 2auf. Die Hand von Metel ist jetzt auf der anderen Seite schemenhaft zu erkennen. Eine volle Transparenz stellt sich jedoch nicht ein. Es bleibt bei einem Grauschleier. Deutlich ist aber zu erkennen, dass es sich wohl um eine der Öffnungen handelt, die sie gesucht haben.
„Sehen wir, was uns erwartet.“ Metel geht hindurch. Ohne Probleme erreicht er die andere Seite. Er winkt Matthias zu.
Mit einem großen Schritt durchschreitet Matthias ebenfalls die Öffnung. Als er auf der anderen Seite angekommen ist und sich herumdreht, ist die Tür verschwunden. Die glatte hohe Wand ragt vor ihm auf. Sein Blick wandert zu Metel.
„Wie finden wir solche Öffnungen?“
„Ich glaube, dass es zwei Möglichkeiten gibt. Die eine ist, dass die Hand fühlt, hier ist eine Stelle, die nicht die gleiche Konsistenz besitzt, wie der Rest der Wand. Und dann habe ich noch etwas bemerkt, das dürfte die zweite Möglichkeit sein, nämlich ein Kribbeln auf meiner Haut, als ich der Tür näher kam. Ich konnte es jedoch nicht in Zusammenhang mit der Öffnung bringen. Jetzt denke ich, dass ein Energierahmen vor den Öffnungen vorhanden ist, der auf sie hinweist. Lass es uns probieren.“
Matthias hat verstanden und geht wieder einige Meter zurück, schließt die Augen und marschiert auf die Wand zu. In der Tat nach einigen Schritten schwenkt er bereits nach rechts und geht schnurstracks auf die Wand zu. Als er sich noch circa zwei Meter vor der Öffnung befindet, wird diese wieder halb transparent. Matthias geht hindurch und praktiziert dasselbe von der anderen Seite.
„Metel, es ist genau so, wie du es gesagt hast. Ein leichtes Kribbeln auf der Haut, einmal rechts, wenn du zu weit vom Weg abkommst, dasselbe links und schon weißt du, wo die Tür ist. Eine intelligente Lösung, durch Türen hindurch zu gehen. Vor allen Dingen dann, wenn du die Hände voll hast und keinen Türgriff bedienen kannst. Auch wenn deine Augen nicht die Besten sind, ist dieser Türmechanismus einsame Spitze. Ich schlage vor, wir gehen weiter und versuchen nach unten zu kommen.“
Sie befinden sich in einem Raum, der von der Größe mit bloßem Auge überschaubar ist. Es ist eine quadratische Räumlichkeit von etwa einhundert Meter Seitenlänge und zwanzig Meter Höhe.
„Nein, wir wollen schon aufpassen, ansehnlicher, attraktiver und begehrenswerter Bruder“, lacht Matthias. „Wie fühlst du dich denn unter deinem Schutzschirm? Meinst du nicht, dass du auch mal die Luft hier probieren solltest?“
Metel grinst und schaltet seinen Schutzschirm aus sowie die Sauerstoffzufuhr ab. „Wie wollen wir weiter vorgehen?“ Fragend richtet sich sein Blick auf Matthias.
„Ich schlage vor, dass wir dort an der Wand weitergehen, bis wir eine Tür oder eine andere Öffnung gefunden haben. Von unserem jetzigen Standort aus befindet sich die westliche Außenwand 1.900, die östliche 1.300, die nördliche 3.000 und die südliche etwa 2.800 km entfernt. Also sollten wir annähernd die Mitte dieses Objektes getroffen haben. Nach unten sollte es von hier etwa sechs bis sieben Kilometer gehen. Da können wir lange laufen, wenn wir das alles zu Fuß abwandern wollen.“ Matthias lacht.
Metel meint: „Stimmt, springen können wir aufgrund der Dichte des Materials nicht. Außerdem wüssten wir gar nicht, wo wir rematerialisieren würden. Wir sollten uns weiter nach unten durchschlagen. Denn horizontal nehme ich an, werden wir auf lauter Parabolspiegelkammern stoßen. Wir haben das bereits von oben sehen können. Die ganze Oberfläche des Objektes war übersät mit diesen Antennen.“
Matthias stimmt zu und sagt: „Dann mal los. Sobald wir etwas Neues entdecken, setzen wir uns wieder mit unseren Leuten in Verbindung.“ Er geht, gefolgt von Metel, auf die sich links von der Treppe befindliche Wand zu. Mit seinen Händen berührt er sie und murmelt: „Es sieht so aus, als wäre überall das gleiche Material verbaut.“
Er dreht sich um und sieht Metel an: „Weißt du, wir sollten sehen, dass wir so schnell wie möglich diese Kammer verlassen. Wir haben zwar gesehen, dass eine Energieabsperrung aufgebaut wird, wenn die Antenne ausgefahren wird, aber wir können nicht abschätzen, was uns erwartet, wenn gesendet wird.“
„Absolut richtig. Nur müssen wir erst einmal so einen Durchgang oder Ausgang finden. Vielleicht gibt es gar keinen.“ Gedankenverloren streicht Metel mit seiner Hand an der Wand lang.
„Mal den Teufel nicht an die Wand“, knurrt Matthias.
Metel geht schnellen Schrittes weiter. Die Wand verliert sich weiter vorn im diffusen Licht der Lampen. Knapp 15 Minuten sind vergangen, da wird Metel langsamer, bleibt stehen und dreht sich um. Matthias, hinter ihm, bleibt ebenfalls stehen und blickt ihn fragend an. Metel sagt nichts, geht ein paar Schritte zurück. Langsam tastet er sich wieder vorwärts, und führt dabei seine Hand flächig an der Wand entlang. Sein Schritt wird noch langsamer. Urplötzlich ist seine Hand in der Wand verschwunden. Dort, wo sie verschwunden ist, hellt sich die Wandfläche bis zu einer Höhe von 2,50und einer Breite von 2auf. Die Hand von Metel ist jetzt auf der anderen Seite schemenhaft zu erkennen. Eine volle Transparenz stellt sich jedoch nicht ein. Es bleibt bei einem Grauschleier. Deutlich ist aber zu erkennen, dass es sich wohl um eine der Öffnungen handelt, die sie gesucht haben.
„Sehen wir, was uns erwartet.“ Metel geht hindurch. Ohne Probleme erreicht er die andere Seite. Er winkt Matthias zu.
Mit einem großen Schritt durchschreitet Matthias ebenfalls die Öffnung. Als er auf der anderen Seite angekommen ist und sich herumdreht, ist die Tür verschwunden. Die glatte hohe Wand ragt vor ihm auf. Sein Blick wandert zu Metel.
„Wie finden wir solche Öffnungen?“
„Ich glaube, dass es zwei Möglichkeiten gibt. Die eine ist, dass die Hand fühlt, hier ist eine Stelle, die nicht die gleiche Konsistenz besitzt, wie der Rest der Wand. Und dann habe ich noch etwas bemerkt, das dürfte die zweite Möglichkeit sein, nämlich ein Kribbeln auf meiner Haut, als ich der Tür näher kam. Ich konnte es jedoch nicht in Zusammenhang mit der Öffnung bringen. Jetzt denke ich, dass ein Energierahmen vor den Öffnungen vorhanden ist, der auf sie hinweist. Lass es uns probieren.“
Matthias hat verstanden und geht wieder einige Meter zurück, schließt die Augen und marschiert auf die Wand zu. In der Tat nach einigen Schritten schwenkt er bereits nach rechts und geht schnurstracks auf die Wand zu. Als er sich noch circa zwei Meter vor der Öffnung befindet, wird diese wieder halb transparent. Matthias geht hindurch und praktiziert dasselbe von der anderen Seite.
„Metel, es ist genau so, wie du es gesagt hast. Ein leichtes Kribbeln auf der Haut, einmal rechts, wenn du zu weit vom Weg abkommst, dasselbe links und schon weißt du, wo die Tür ist. Eine intelligente Lösung, durch Türen hindurch zu gehen. Vor allen Dingen dann, wenn du die Hände voll hast und keinen Türgriff bedienen kannst. Auch wenn deine Augen nicht die Besten sind, ist dieser Türmechanismus einsame Spitze. Ich schlage vor, wir gehen weiter und versuchen nach unten zu kommen.“
Sie befinden sich in einem Raum, der von der Größe mit bloßem Auge überschaubar ist. Es ist eine quadratische Räumlichkeit von etwa einhundert Meter Seitenlänge und zwanzig Meter Höhe.
„Richtig klein und anheimelnd, mal sehen, was uns hier erwartet.“ Matthias geht auf die gegenüberliegende Wand zu. Als er die Mitte des Raumes erreicht hat, bleibt er abrupt stehen. Es kommt ihm vor, als sei er in eine Art Gummiaufhängung geraten. Er geht einen Schritt zurück. Nichts hält ihn fest. Er geht wieder einen Schritt vorwärts und wird, genau wie ein paar Sekunden zuvor, wieder aufgehalten.