Leseprobe Noah 1 - ELW-Verlag

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Leseprobe: NOAH DAS EDIKT I

1
Noah und Noemi
Auseinandersetzung mit Straßengang
Noah wird gerufen

„Umwerfend,  dieser Sport. Das liegt einfach daran, dass jede Faser meines Körpers  nach dir verlangt. Lange waren wir getrennt. Manchmal ist es gut, wenn  eine Pause dazwischen liegt, dann ist auch wieder Kraft vorhanden.  Findest du nicht?“
Die braunen Augen des Mannes blicken die keuchende  grazile junge Frau neben ihm im Bett begeistert an. Er selbst schnaubt  wie ein Pferd nach einem langen Rennen. Beide liegen ausgestreckt auf  einem runden, mitten im Zimmer stehenden Bett und genießen die  Morgensonne, die mit ihrem Licht zauberhafte Muster auf der Haut  entstehen lässt. Er legt sich auf die Seite und schaut ihren schmalen,  jedoch nicht hageren Körper an. Sie hat kleine Brüste, die man kaum  wahrnehmen kann, wenn sie auf dem Rücken liegt. Ihr knabenhafter Körper  liegt eingebettet in weichen Daunendecken. Er streichelt langsam und  gefühlvoll mit seiner Hand von den Brüsten abwärts dem Schritt entgegen.  Zwischen ihren heftigen Atemzügen stöhnt sie leicht. Beide Körper sind  schweißgebadet.
Sie kichert leise. Er blickt sie fragend an.
„Frank, wann genau hast du das letzte Mal mit mir geschlafen?“
Er lacht.
„Nun sag schon, du Meister der körperlichen Vereinigung.“
„Ja?“  Er legt den Zeigefinger an die Lippen: „Das müsste …? Meine Güte, das  ist aber schon lange her.“ Er amüsiert sich köstlich und lacht erneut  laut. Er wiederholt: „Das müsste, das müsste …?“
Sie schlägt ihm leicht auf seinen Oberarm. „Das müsste vor einigen …?“
„Ja“,  ruft er begeistert, „du weißt es tatsächlich. Ist mir doch glatt  entfallen. Es war gestern, als wir ins Bett gegangen sind. Ich finde,  das ist schon eine Zeit her; meinst du nicht auch?“
Sie sieht ihn  lächelnd an. „Ja, das ist unglaublich lange her. Zumal es nicht gestern  war, sondern vor genau“, sie sieht auf die Uhr, „2 ½ Stunden.“
„So  lange schon?“ Er wälzt sich lachend aus dem Bett, um den Schlägen zu  entgehen, die plötzlich auf ihn einprasseln und fällt auf den weichen  Bettvorleger.
Während er sich neben dem Bett aufrappelt, wirft sie sich wieder in die weichen Kissen zurück und versucht ruhig zu atmen.
Er  steht einen Augenblick lächelnd neben dem Bett und bewundert den  schönen Körper seiner Freundin. Sie lächelt zurück und streckt sich  wohlig. Er zwingt sich, seine Augen abzuwenden und trottet in Richtung  Dusche.
Sie hebt den Kopf und schaut ihm hinterher. „He Frank.“
Er dreht sich um.
Sie  hebt die linke Hand und bildet mit Daumen und Zeigefinger einen Kreis  und sagt lachend: „Po…, so! Top Hintern! Ganz großes Kino!“
Er  verneigt sich wie ein Grandseigneur. Seine Hand beschreibt einen Kreis  vor seinem Körper, als ob er einen breitkrempigen Hut schwenken würde.  Er dreht sich um und will die Dusche betreten, überlegt eine Sekunde,  blickt über die Schulter, lacht und lässt seine Pobacken hüpfen.
Das  Telefon schickt seinen melodiösen Ruf in den Raum. Eine suchende Hand  wühlt sich durch die Kissen und greift nach dem rufenden Gerät. „Bitte?“
„Noemi?“
„Ja. Wer wagt es zu stören?“
„Na wer wohl, euer bester Freund.“
„Das hast du gesagt.“
„Was?“
„Bester Freund!“
„Stimmt das etwa nicht?“
„Zum Teil.“
„Also, was soll das denn? Zum Teil! Das habe ich auch noch nicht gehört. Wie muss ich diese Ansage verstehen?“
„Wie kannst du ein bester Freund sein, wenn du störst?“
„Hm-, so unrecht hast du da natürlich nicht. Aber sonst?“
„Ja, ist schon gut. Was willst du von Frank? Von mir willst du bestimmt nichts.“
„Also,  dass ich von dir nichts will, stimmt einfach nicht. Natürlich würde ich  auch gerne etwas von dir wollen. Das lassen du und Frank aber leider  nicht zu.“ Die Person am anderen Ende der Leitung lacht.
Noemi lacht  auch, wenn auch ein wenig gezwungen. „Ich fasse das mal als Kompliment  auf, sonst müsste ich dir beim nächsten Treffen ordentlich irgendwohin  treten.“
„Bloß nicht! Was du beabsichtigst mit deinem Fuß zu besuchen  wird von mir noch benötigt. Kann ich mit Frank kurz reden? Es ist  wahnsinnig eilig.“
„Wie immer, wenn du anrufst. Einen Augenblick, du Nervensäge. Er wird gleich mit dir sprechen.“
Noemi will gerade nach Frank rufen, da geht die Tür vom Bad auf und er betritt den Schlafraum, das Badetuch um die Hüfte gelegt.
Ehe er fragen kann, wirft ihm Noemi das Telefon rüber und ruft dabei: „Dein bester Freund.“
Frank  grinst breit, fängt elegant mit einer Hand das fliegende Telefon und  führt es ans Ohr. Er flötet hinein: „Hi Nervi, wo soll ich in fünf  Minuten sein?“
„Du bist richtig gut, Frank. Übertreibe es aber nicht  mit der Zeit. Ich würde mich freuen, wenn es ein wenig schneller gehen  könnte. Fünf Minuten sind schon arg lang. Du musst mich zu einem  Gespräch begleiten, das ich in der Bronx führen muss.“
„Was suchst du  dir nur für Gesprächsorte aus? Es ist zwar nicht mehr so gefährlich  dort, aber eine Wellnessoase stellt die Bronx auch heute noch nicht  dar.“
„Ich hätte mich gerne in einem anderen Bereich von New York unterhalten. Meine Gesprächspartner haben jedoch darauf bestanden.“
„Nun gut, um was geht es?“
„Erkläre  ich dir nachher, wenn du bei mir bist. Es ist wirklich eilig. Den  Termin habe ich übrigens auch erst vor einigen Minuten bekommen. Ich  habe zugesagt, weil mir sonst ein Geschäft durch die Lappen geht. Es  gibt mehrere Player in diesem Spiel.“
„Okay, wohin soll ich kommen, Mark?“
„Kannst  du in der nächsten halben Stunde östlich vom Bronx Park in der Pizzeria  sein, in der wir schon mal waren? Ich habe noch nichts gegessen und mit  leerem Magen kann ich mich nicht konzentrieren. Da kann ich dir auch  deine Fragen beantworten. Was hältst du davon?“
„Okay, ich könnte  auch was vertragen. Ich bin in einer halben Stunde dort. Aber ich komme  nicht mit dem Auto, sondern mit der U–Bahn.“
„Okay, wir fahren dann gemeinsam mit meinem Wagen zurück. Danke Frank.“
„Ist okay, Mann.“ Er sieht Noemi an.
Die  schüttelt den Kopf. „Du weißt, Frank, dass ich dir keine Vorhaltungen  mache, aber meinst du nicht, dass es einfacher für uns wäre, wenn du  deinen Beruf als Sportlehrer ausüben würdest? Dann wärest du nicht auf  die Aufträge deines Freundes oder anderer Personen angewiesen.“
„Und  müsste mich mit absolut durchgeknallten Kids herumärgern. Die  Erfahrungen, die ich in der Schule sammeln durfte, haben mich für den  Rest meines Lebens geprägt. Nein, dorthin bringt mich keiner mehr.  Außerdem vergiss bitte nicht, dass ein solcher Auftrag mir mehr  einbringt, als ein halbes Jahr Arbeit.“ Er beugt sich zu Noemi herunter  und gibt ihr einen Kuss.
Sie streichelt zärtlich über sein Gesicht  und flüstert: „Bis nachher, mein starker Mann. Pass auf dich auf. Nicht  böse sein, ich weiß, Mark ist ein langjähriger Freund, aber ich habe so  ein komisches Gefühl.“ Mit ernstem Gesicht blickt sie ihn an.
Er  antwortet: „Mark ist ein Mensch, der permanent irgendwo am Abgrund  entlangläuft. Das bedeutet aber nicht, dass er mich mitnimmt, wenn er  hineinfällt. Außerdem wird er nicht hinunterstürzen, denn ich bin ja bei  ihm.“ Grinsend verlässt er die Wohnung. Der Fahrstuhl spuckt ihn im  Parterre aus. Einen Augenblick später ist er im Gewühl und Lärm der  Stadt untergetaucht.

*

„Die Pizza war gut. Starker Wind heute.“
„Ja Frank, und  die Sonne scheint. Übrigens, falls du es noch nicht bemerkt haben  solltest, es befinden sich keine Wolken am Himmel. Also kann man darauf  schließen, dass es zumindest im Augenblick nicht regnen wird. Mann oh  Mann, was ist das denn für ein intelligentes Gespräch?“
Der neben Frank gehende Mann lacht laut. Die feinlederne braune Aktentasche folgt den übermütigen Bewegungen der linken Hand.
Frank  mustert den in einen hellgrauen Anzug eingezwängten Mann. „Du hast  tatsächlich recht, Mark. Kein Regen. Sehr schön, deine  Beobachtungsgabe.“ Auch er lacht laut. Im Gegensatz zu seinem  hervorragend gekleideten Begleiter trägt er abgewetzte Jeans und ein  lockeres T-Shirt. Beiden Kleidungsstücken sieht man an, dass sie häufig  getragen werden. Das nicht zu enge T-Shirt bringt den athletischen  Oberkörper von Frank recht gut zur Geltung.
„Für deine Begleitung danke ich dir.“
„Nicht notwendig, mein Lieber. Du zahlst gut. Das soll Dank genug sein.“
„Okay,  aber ich weiß, was ich an dir habe. Du stehst mir immer zur Seite, wenn  ich dich brauche. Geld musst du verdienen, genau wie ich. Aber für  deine Freundschaft und deine uneingeschränkte Bereitschaft, mir zur  Seite zu stehen, dafür bin ich dir trotz der Bezahlung dankbar.“
Frank  winkt lachend ab. „Danke Mark.“ Er blickt Mark Holter ins Gesicht.  „Mark, dir ist schon bewusst, dass du dir das gefährlichste Gebiet der  Bronx für dein Gespräch ausgesucht hast?“
„Ich habe dir doch gesagt, dass ich auf die Gestaltung des Termins und des Treffpunktes keine Einwirkungsmöglichkeit hatte.“
„Warum wollten deine Gesprächspartner sich mit dir nicht woanders treffen?“
„Keine  Ahnung. Vielleicht wollen sie sehen, ob wir das Ziel erreichen, oder …?  Ach, was weiß ich. Ich hatte dir ja beim Essen erzählt, dass ein recht  großes Areal mit vielen Wohnblocks und Geschäften verkauft werden soll.  Die Verkäuferin ist eine ältere Dame. Sie ist die Frau des vor vielen  Jahren im Knast verstorbenen Gangsterbosses Arthur Morgan. Sie selbst  hatte sich aus allen Geschäften ihres Mannes herausgehalten. Sie lebt  schon einige Jahre nicht mehr in den Staaten. Sie ist nach Sidney in  Australien gezogen, dort lebt eine Tochter von ihr.
Mit dem Verkauf  hat sie gleich mehrere Leute beauftragt. Derjenige, der schnell einen  Abschluss zu einem vernünftigen Preis hinbekommt, macht das Geschäft. Es  ist ein Millionendeal. Problem ist, dass es eine Reihe von  Interessenten gibt. Dabei einige Gruppen, die …“ Mark hört auf zu reden  und macht dabei ein vielsagendes Gesicht.
„Du hast dich keinen  Deut geändert. Seit der Schulzeit sind dein Organisationstalent und das  Beschaffen von Aufträgen, ob sie berüchtigt oder fragwürdig sind,  phänomenal. Obwohl ich mich nicht mehr darüber wundern sollte, wie du an  solche Aufträge herankommst, denke ich, dass dies ein mehr als heißes  Geschäft ist. Hätten wir nicht mit einem ganzen Bataillon hier  auftauchen sollen?"

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